Erika Marozsán als Almut Hilfers
  Die gebürtige Ungarin wurde u.a. durch die internationalen Kinofilme „Gloomy Sunday – ein Lied von Liebe und Tod“ (Regie Rolf Schübel, 1999) an der Seite von Joachim Król, durch „Vienna“ (Regie Peter Gersina, 2002) und „One Day Crossing“ (Regie Joan Stein, 2000) bekannt. Sie ist auch in zahlreichen TV-Produktionen zu sehen, etwa in „Der Templer“ (Regie Florian und Sebastian von Donnersmarck, 2001), „Der Freund von früher“ (Regie Matthias Tiefenbacher, 2002) und „Die Katzenfrau“ (Regie Martin Enlen, 2000).
   
  Schön, sinnlich, verrucht – so ist der Ruf, den Frau Hilfers und ihre Töchter im Viertel haben. Niemand weiß, woher die drei Frauen kommen, wohin sie am Ende verschwinden, sie sind fremd, anders, vieldeutig, verwirrend. Männer gehen in ihrem Haus ein und aus, Männer, so wird gemunkelt, „mit Portemonnaies“, und der kleine Kalli würde zu gern seine vage Vorstellung, was das bedeuten könnte, konkretisieren und damit das Geheimnis von Almut Hilfers auflösen. Aber alle Kontakte zu ihr sind streng verboten, sogar ein Gruß beim Sonntagsspaziergang weckt Misstrauen. Almut Hilfers ficht der Neid, die Angst, das Gerede der Straße anscheinend nicht an. Auch mit dieser Unabhängigkeit provoziert sie ihre Umgebung. Als Kalli den Kontakt zu ihr wagt, erweist sie sich als großherzige, lebenskluge Frau, die Kalli liebt wie einen eigenen Sohn. In ihrem Haus herrschen andere Regeln als in den engen Wohnungen des Viertels. Kalli entdeckt ein unglaublich freies und luxuriöses Paradies. Als er aber Zeuge wird, wie Almut und sein Vater zärtlich miteinander sind, will Kalli der Hilfers nicht mehr begegnen. Sie bemerkt seine existentielle Verunsicherung, zieht sich zurück, verschwindet mit ihren Töchtern. Ein letztes, selbstloses Tun für einen Jungen, dem sie Heiterkeit, Freiheit und Glück auf seinem Weg in das Leben wünscht.
   
  Interview
  Frau Marozsán, wie haben Sie die Figur der Almut Hilfers angelegt?
  Ich habe versucht, sie möglichst geheimnisvoll darzustellen, sofern das ging, denn das kann sich eigentlich nur über den gesamten Film erschließen. Frau Hilfers sollte anders sein und leben als die Frauen aus der Siedlung: lebenslustig, sinnlich, liebevoll, eine interessante Frau mit vielen Rätseln. Sie ist aber auch eine tragische Figur, die immer etwas Trauriges im Blick hat und die am Ende mit ihren Töchtern verschwindet. Den kleinen Kalli mag sie sehr, weil sie generell Kinder mag. Sie versteht nicht, warum sie sich nicht frei bewegen dürfen und einen Affen, mit dem sie einen Zoo gründen wollen, vor den Erwachsenen verstecken sollen. Mehr gibt es nicht über die Frau Hilfers zu erzählen – sie soll ja schließlich ein Geheimnis bleiben!
       
  Seit Ihrem Erfolg „Gloomy Sunday – ein Lied von Liebe und Tod“ nehmen Sie verstärkt Rollen im Ausland an. Fällt es Ihnen schwer, nicht in Ihrer Muttersprache zu spielen?    
  Eigentlich nicht. Mein Deutsch ist zwar noch nicht perfekt, aber ich lese und lerne sehr viel. Wenn ich in dem, was ich mache, beziehungsweise was ich spielen soll, ganz sicher bin, spielt die Sprache für mich keine Rolle. Man muss jeden Text lernen, man benutzt ihn als Material, als Instrument, als Partitur. Gewöhnungsbedürftiger war für mich, was meine Rolle in „Der zehnte Sommer“ betrifft, anfangs eher der Gedanke, die Mutter zweier fast erwachsener Töchter zu spielen. Schließlich bin ich noch sehr jung. Aber in dem Kurzfilm „One Day Crossing“, der für den Oscar nominiert war, habe ich ja auch eine junge Mutter gespielt. Jörg Grünler hat mich letztlich überzeugt, dass meine Darstellung auch diesmal glaubhaft sein würde.    
       
  Sind die Produktionsbedingungen in Ungarn anders als in Deutschland oder in Österreich?    
  Die Bedingungen sind sehr ähnlich. Es hängt überall meistens damit zusammen, wie viel Geld eine Produktion zur Verfügung hat. Natürlich ist die Mentalität der Produktionsmitarbeiter auch entscheidend. Manche nehmen ihren Job verbissen ernst, andere gehen lockerer und weniger ängstlich an die Sache heran.