Von einem Filmteam das auszog, Wim Wenders Geschichte zu erzählen ...

Die Entstehungsgeschichte von „Von einem der auszog- Wim Wenders´ frühe Jahre“


Anfrage und Recherche

Bereits im Oktober 2004 wurde Wim Wenders zusammen mit einem zwölf Seiten lange Exposé angefragt, ob er bereit wäre als Protagonist eines ausführlichen Dokumentarfilms über sein Leben und sein filmisches Schaffen teilzunehmen. Schon bei dieser Anfrage waren die Hauptthemen und Zielpunkte des Films klar festgelegt: Herkunft, Identität, Familie und Freundschaft, erzählt von Wim Wenders selbst, als auch von seinen persönlichen und beruflichen Weggefährten.

Im Januar 2005 bekamen wir schließlich Wenders´ Zusage zu dem Projekt. Zwischen Mai und Juli 2006 unternahmen Marcel Wehn und seine Kamerafrau Sarah Rotter mehrere Recherchefahrten zu den Orten, die in Wenders` frühen Jahren eine wichtige Rolle spielten: Das Geburtshaus in Düsseldorf, die Kindheits- und Jugendstationen Koblenz, Benrath und Oberhausen sowie München als sein Studienort und sein erster filmischer Wirkungsort. Besucht wurden auch Drehorte von Wenders, wie die alte Weinbauinsel Heyles’en Werth (Im Lauf der Zeit) oder die Weinberge von Boppard am Rhein (Falsche Bewegung).


Dreharbeiten mit Wim Wenders

Im August 2005 begannen die ersten Dreharbeiten mit Wenders während der Premierenkinotour von “Don´t come knocking” durch die Städte Berlin, Bochum und Essen.


Auf Locationtour mit Wim Wenders

Im September 2005 begleiteten wir Wim Wenders dann mit einem kleinen Filmteam bei einer fünftägigen Locationreise an die Nordsee und zum Steinhuder Meer. Zu beiden Plätzen gab es filmische Stoffe, für die sich Wenders derzeit interessierte: Ein historischer Roman zur Zeit des Zweiten Weltkrieges sollte auf einer Hallig gedreht werden: Ein englischer Bomberpilot stürzt mit seinem Flugzeug an der deutschen Küste ab und wird von einer deutschen Bäuerin auf der abseits gelegenen Hallig gesund gepflegt. Mit dem Boot besuchten wir daher von Nordstand aus die Insel Pellworm und die Hallig Süderrooge, auf der bis heute nur zwei Menschen leben. Auch die nördlich gelegene Landzunge Langeneß wurde von Wenders studiert und fotografiert. Szenen daraus sieht man in den ersten Einstellungen von “Von einem der auszog”.

Zwei Tage später besuchten wir Orte rund um das Steinhuder Meer bei Hannover: Zu Peter Handke´s Roman “Kali” war ein Drehbuch verfasst worden, dessen Handlung über eine junge Frau, die sehr begabt ist im Finden und sich auf den Weg macht ein verschwundenes Mädchen aus ihrem Heimatdorf zu suchen, von Handke an diesen Plätzen recherchiert und ausgearbeitet worden war. Neben dem Abstieg in ein gewaltiges Salzbergwerk unter Tage ging die Suche in Richtung des hoffnungsvoll ausgesuchten Ortes Himmelreich, der dann in unserem späteren Film noch so eine wichtige Rolle spielen sollte.


Besuche bei den Wegbegleiten von Wim Wenders

Zwischen Oktober und Dezember 2005 fanden in recht kurzen Abständen Dreharbeiten mit den wichtigsten frühen Weggefährten Wenders in Berlin, München, dem Ruhrgebiet sowie in Paris statt: In Berlin trafen wir Wenders´ erste Frau Edda Köchl-König sowie seine Ehefrau Donata Wenders, in München seinen Schnittmeister Peter Przygodda, seinen ehemaligen Filmgeschichtsprofessor Helmut Färber, seine langjährige Lebensgefährtin Lisa Kreuzer sowie die ehemalige Darstellerin der Alice aus “Alice in den Städten” Yella Rottländer.

Viele wichtige Wegbegleiter konnten wir nur in Paris wiederfinden, darunter Rüdiger Vogler, Peter Handke und Wenders´ erste Freundin Ulrike Sachweh, die Deutschland schon in den 60er Jahren verlassen heute und bis heute in Paris lebt.
Nachzügler zu den Dreharbeiten im Frühjahr 2006 gab es nur in drei Fällen: Heinz Badewitz, der Gründer und Leiter der Hofer Filmtage wurde von uns in München getroffen, Bruno Ganz, Hauptdarsteller in “Der amerikanische Freund” in Schwetzingen und Robby Müller, sein damaliger Kameramann, im Januar 2006 in Amsterdam.



Die Ausstellung im Film

Die Ausstellung, durch die Wim Wenders im Film läuft, wurde Anfang Januar 2006 in der ehemaligen C/O-Galerie in der Linienstrasse in Berlin innerhalb von zwei Tagen aufgebaut, gedreht und wieder abgebaut. Nach langer Überlegung, wie man die Bilder der Orte und Wegbegleiter von Wenders filmisch integrieren könnte, kam die Idee der doppelseitig aufgehängten Fotografien auf Augenhöhe, so dass die Kamera sowohl Wenders´ Gesicht, als auch das Motiv sehen konnte, zu dem Wenders gerade spricht. Stefan Erfurt von der C/O-Galerie stellte uns den Raum zur Verfügung und so konnte der letzte wichtige Drehbaustein zum Film schließlich realisiert werden.

Schnitt, Postproduktion und Fertigstellung

Mit über 120 Stunden Filmmaterial, darunter über 40 Stunden Interviews, 30 Minuten 8mm-Aufnahmen, zirka 800 Fotos und den ausgesuchten Filmausschnitten aus Wim Wenders´ frühen Filmen dauerte die Schnittzeit des Films mehr als doppelt so lange wie ursprünglich geplant: Die Cutterin Dorothee Broeckelmann und Marcel Wehn verbrachten zwischen Mai und Dezember 2006 insgesamt acht Monate im Schnittraum an der Filmhochschule in Ludwigsburg (und verpassten dabei die komplette Fußball-WM 06).

Im Januar 2007 wurde schließlich farbkorrigiert, die Filmmusik eingespielt und die finale Tonmischung durchgeführt. Erst zwei Wochen vor der Premiere des Films im Rahmen der Berlinale Perspektive Deutsches Kino war der Film endgültig in seiner Gesamtlänge von 96 Minuten fertig gestellt
Die deutsche Premiere von “Von einem der auszog- Wim Wenders´ frühe Jahre” fand schließlich am 15. Februar 2007 im Cinemaxx 3 am Potsdamer Platz in Berlin statt.

Marcel Wehn