sounds and silence

Manfred Eicher - ECM

1969 gründete Manfred Eicher in München die Schallplattenfirma "Edition of Contemporary Music" (ECM). „Free at last“ nannte er die erste selbst produzierte Schallplatte mit dem amerikanischen Pianisten Mal Waldron; ein Titel, der als Credo bis heute Eichers Weg bestimmt. Ohne künstlerische und technische Kompromisse einzugehen und ohne sich um irgendwelche Mode oder Marktstrategien zu kümmern, sind inzwischen in 40 Jahren über 1000 Produktionen entstanden. Sein Werk hat mit sorgfältig produzierten Aufnahmen neue Maßstäbe gesetzt – sowohl in der improvisierten wie auch notierten Musik. ECM hat die Bedingungen, wie Musik gespielt, aufgenommen und gehört wird, verändert und dabei hunderte von Musikerinnen und Musikern einem breiteren Publikum erschlossen.

ECM ist Manfred Eicher und Manfred Eicher ist ECM, eine sich fortlaufend erneuernde und verändernde Musikmanufaktur, an einer Autobahnausfahrt gelegen, beheimatet in Klängen und nirgends zuhause. „Es gefällt mir an diesem Ort“, sagt er, „weil er in seiner Ortlosigkeit etwas Freies, etwas Musikalisches hat. Mein Ort ist, wie schon Edmond Jabès sagte, das Fehlen eines solchen. Musik ist nur an Zeit gebunden. Sie schafft Räume aus der Verbindung von Innen und Außen und überwindet damit jede Art von Ort.“

Der 65-jährige Münchner Manfred Eicher ist ein Mann von Welt und von Weltruhm. Als „Händler des Augenblicks“ und als den „erfolgreichsten Unabhängigen in der Musikwelt“ bezeichnete ihn die „Süddeutsche Zeitung“; als „wahren Produzenten“ sieht ihn sein Freund Jean-Luc Godard, als „magisches Ohr“ der „Nouvel Observateur“, als „das gute Gewissen der Branche“ die „Frankfurter
Allgemeine Zeitung“, die überdies konstatierte: „Sein Einfluss auf die zeitgenössische Musik ist kaum zu überschätzen.“

„Die Zeit“ beschrieb ECM als die „einzige renommierte, stilbildende deutsche Plattenfirma, in Japan ebenso gefeiert wie in den USA“, und die „New York Times“ zogen den Hut „vor einem, der das scheinbar Unmögliche geschafft hat: Er führt ein unabhängiges und erfolgreiches Plattenlabel, indem er nur Musik aufnimmt, die ihm gefällt (...) Er hat einen Stil und einen Sound geschaffen – kontemplativ, luzid, introspektiv –, der einen tiefgreifenden Einfluss auf die moderne Musik hatte.“ Die herausragende Stellung Eichers zeigt sich beispielsweise auch darin, dass der hoch angesehene Verlag Granta ein Buch über ECM verlegt hat.

Aus dem Repertoire lässt sich schließen, dass Eicher nicht vorgefassten Konzepten vertraut, sondern seiner Intuition und oft auch den Anregungen seiner Musiker. Seine Programmpolitik ist eher ein stilsicheres Navigieren in einem Archipel von Möglichkeiten als eine lineare Planung, die zwangsläufig vieles ausschließen würde. Der Horizont ist offen, auch für Dinge ohne Aussicht auf schnellen Erfolg. Eicher hat seit 40 Jahren Erfolg mit einer Musik, für die man Zeit und Ruhe braucht. Inzwischen mehrfach international ausgezeichnet, arbeitet der ruhelos Wirbelnde weiter an seinem Lebenswerk.