MEIN PRAKTIKUM IN KANADA

Philippe Falardeau, Regie

Philippe Falardeau (*1968 in Quebec) studierte Politische Wissenschaften und arbeitete dann beim Fernsehen als Regisseur. Mit seinem ersten Spielfilm The Left-Hand Side of the Fridge (2000) erhielt einen Jutra, den wichtigsten kanadischen Filmpreis, und den Preis als Besten Film beim Toronto International Film Festival. Mit Ich schwör’s, ich war’s nicht (2008) gewann er den Gläsernen Bären der Berlinale und den Großen Preis des Deutschen Kinderhilfswerks. Sein vierter Film Monsieur Lazhar gewann 2011 in Locarno den Publikumspreis und war nominiert für den Oscar als bester fremdsprachiger Film.

Filmographie

2014 The good lie
2011 Monsieur Lazhar (im Arsenal Filmverleih)
2008 C'est pas moi, je le jure!
2006 Congorama
2000 La moitié gauche du frigo


Anmerkungen des Regisseurs


Was für ein Politiker ist Guibord?

Er ist aus den richtigen Gründen in die Politik gegangen und musste schnell erkennen, dass er nur sehr wenig Spielraum hat. Aber er verstand auch sehr schnell, wie er sich nützlich machen konnte: indem er jederzeit ansprechbar war, seine Verfassung kannte und eine Nische für sich fand. Wir sehen ziemlich früh im Film, dass er eine besondere Sympathie für die Ureinwohner hat. Er zieht aber auch die Bilanz, dass ein Politiker sich immer Feinde macht und dass er sein Mandat leer und verletzt beenden wird.

War ein spezieller Politiker das Vorbild oder die Inspiration für diese Rolle?

Nicht wirklich. Es gibt viele Inspirationsquellen. Da war Joé Juneau, ein ehemaliger Profi-Hockeyspieler, der nach seinem Karriereende den Sport als Katalysator für die soziale Integration, als strukturierende Aktivität für junge Ureinwohner nutzte. Ich war beeinflusst von "Chers électeurs", einem Dokumentarfilm von Manuel Foglia. Foglia begleitete 18 Monate lang Danial Turp, den Abgesandten der Quebecer Partei für die Region Mercier und Charlotte L'Ecuyer, die liberale Abgeordnete von Pontiac. Diese Dokumentation zeigt ungewöhnlicherweise, dass es ein schwieriger Job ist, in die Politik zu gehen, oft ohne Dank und dass er nicht immer eine Machtposition bedeutet. Und 2011 stellte mir Jacques Matte, der Leiter des internationalen Kinofestivals von Abitib-Témiscamingue, Marc Lemay vor, ein ehemaliges Parlamentsmitglied des Quebecer Blocks der Region vor, der vor kurzem von einem Neo-Demokraten geschlagen worden war. Marc nahm mich auf eine seiner Reisen durch den Wahlkreis mit und da bekam ich Vorstellung von davon, wie riesig das Territorium ist, das er vertrat.

Warum haben Sie in Vald'Or gedreht, mehr als 500 Kilometer von Montreal entfernt?

Ich suchte nach einem Wahlkreis weit weg von den Großstädten, wo die Probleme nicht unbedingt dieselben sind wie im Rest des Landes. Den Film in eine Region im Norden Quebecs zu legen, ohne einen speziellen Namen zu nennen, erlaubte mir, über Autobahnen, Ureinwohner, natürliche Ressourcen und so weiter zu reden. Wenn ich den Film in einer Stadt gedreht hätte, wären viele Sitzungssäle vorgekommen, in denen die Politik normalerweise spielt. Wer will Sitzungssäle in einem Film sehen? Auf dem Land drängt sich ein Road Movie geradezu auf. Das ist filmischer.