DER WUNDERSAME KATZENFISCH

Regie - Claudia Sainte-Luce

Biographie

Claudia Sainte-Luce kam am 28. Dezember 1982 in Veracruz (Mexiko) zur Welt. Sie studierte an der Universität Guadalajara Audiovisuelle Künste und nahm 2005 erstmals an einem Filmfestival, dem Expresión en Corto in Guanajuato, teil. Der Kurzfilm „Muerte Anunciada“ erhielt gleich mehrere Auszeichnungen: den Publikumspreis, den Preis des Besten Darstellers und eine Juryerwähnung.

Seit 2007 wirkte Claudia Sainte-Luce bei mehreren mexikanischen Spielfilmen als Regieassistentin mit. Mit DER WUNDERSAME KATZENFISCH entschied sie 2010 einen vom IMCINE (Instituto Mexicano de Cinematografía) ausgeschriebenen Wettbewerb für sich.

Im März des darauffolgenden Jahres ergriff sie die Chance, am Screenwriters Lab-Workshop - organisert vom Sundance Film Festival - an dem Drehbuch zu DER WUNDERSAME KATZENFISCH zu feilen. Im Dezember 2012 gewann sie mit ihrem Film den Primer Corte-Preis am Ventana Sur Festival (Buenos Aires), obwohl der Film zu diesem Zeitpunkt noch in der Postproduktion war


Anmerkungen von Claudia Sainte-Luce, Regisseurin

Ich ziehe es vor, nur erfreuliche Erinnerungen in meinem Gedächtnis zu behalten und die schmerzhaften zu vergessen. Deshalb wollte ich Marthas Geschichte erzählen. Es ist die Geschichte, an die ich zurückdenke, seit ich mit 22 Jahren Martha in Guadalajara kennengelernt habe, die Geschichte, die meine Laune hebt, wann immer es mir schlecht geht. Wenn ich an diesen Abschnitt meines Lebens zurückdenke, erweitere ich die Fakten und Orte mit verschönernden Details - Marthas altes Sofa habe ich bestimmt viel prächtiger in Erinnerung, als es tatsäch-
lich war, aber auf diese Weise möchte ich daran zurückdenken. Die Protagonisten tragen maßgebend zu der Konstruktion dieser „falschen“ Erinnerung bei. Ich habe es geschafft, die schönsten und bemerkenswertesten Momente aus unser gemeinsamen Zeit festzuhalten.

Im Mittelpunkt meines Films steht Claudia, eine junge, einzelgängerische Frau, die in einem Supermarkt arbeitet und sich vor jeglichem sozialen Kontakt schützt. Im Krankenhaus trifft sie auf die an AIDS erkrankte Martha, die im Bett neben ihr liegt. Martha hat vier Kinder und ist enthusiastisch, warmherzig, optimistisch und lustig - sie lebt ihr Leben in vollen Zügen. Martha schließt Claudia in ihr Herz, nimmt sie bei sich auf und lernt sie, in den Tag zu leben. Claudia findet in Martha die Mutter, die sie nie hatte und sucht sich ihren Platz in der lebhaften Familie.

DER WUNDERSAME KATZENFISCH liegt irgendwo zwischen Drama und Komödie. Komödie, weil die Protagonisten versuchen, ihr Pech mit Humor zu nehmen. Drama, weil sie keine andere Wahl haben. Wir sind alle auf uns alleine gestellt, aber die Begegnung mit einer Person, die die gleichen Gefühle teilt, kann das Leben um einiges leichter machen.


Interview mit Claudia Sainte-Luce

Claudia, wie viel von dieser Geschichte ist denn wirklich deine eigene Geschichte?

Eigentlich erzählen alle unsere Filme immer etwas von uns. Aber in den verschiedenen Figuren in DER WUNDERSAME KATZENFISCH steckt tatsächlich viel von mir drin. Ich bin sehr früh von zu Hause weg gegangen, mit 17 Jahren. Und ich führte ein sehr einsames Leben. Ich fühlte, das macht keinen Sinn, das Leben zieht an mir vorüber, es ist, als würde ich lebend sterben. Und dann lernte ich diese Familie kennen, sie wurden auch zu meiner Familie, mit dieser Frau, die am Sterben
war, und ich fühlte, das sie so viel lebendiger war als ich! Das hat mich tief bewegt und auch verändert. Ich glaube, wir müssen mit dem Tod an unserer Seite schlafen, um das Leben so zu leben, wie es sein soll.

Wie war denn Deine Vorbereitung auf diesen Film?

Ich dachte anfangs immer, Filmemachen studiert man nicht, das bekommt man als Geschenk Gottes in die Wiege gelegt. Dann habe ich mich jedoch in Guadalajara an der Filmschule beworben und angefangen, Film zu studieren. Nebenher arbeitete ich als Barkeeperin und Kellnerin, um das Studium finanzieren zu können. Es ging mir aber nicht gut dabei. Meine Dozenten sagten immer: „Deine Geschichten taugen nichts“ oder sogar machistische Sprüche wie: „Du hast immer noch Gelegenheit, einen Mann zu finden und zu heiraten!“ Ich weinte, und hielt noch ein weiteres Semester durch, fühlte dann aber, dass das alles Zeitverschwendung war. Nach einem Monat des Ringens war ich mir dann sicher und entschied mich: ich brach das Studium ab und begann, als Regieassistentin zu arbeiten, nahm auch Schauspielunterricht.
Die argentinische Regisseurin und Drehbuchautorin Paula Markovitch, die für ihren Erstlingsfilm „El premio“ viele Preise bekommen hat, ermunterte mich dann, das fiktive Drehbuch zu meiner eigenen Geschichte zu schreiben. Es fiel mir sehr leicht, ich schrieb mit Leidenschaft. Das Drehbuch jedoch umzusetzen war schon komplexer, die Arbeit mit den SchauspielerInnen, damit sie das was ich mir vorstellte oder was im Drehbuch stand, tatsächlich umsetzten. Wir haben ewige Proben gehabt, damit sich die Darstellerinnen die Figur nicht wie ein Kleid überziehen würden, sondern in ihrem Körper spürten. Mit Wendy, meiner „Schwester“ aus meiner angenommenen Familie, die zufälligerweise Schauspielerin wurde und sich ja selbst verkörperte, fiel es zum Einen leicht, da sie die Figur völlig verstand; jedoch kann es schwerer sein, die eigene Geschichte darzustellen, als eine fremde Figur. Manchmal war es für uns beide auch schwierig, Momente unserer eigenen Geschichte wiederzubeleben. Es hatte schon auch etwas von Therapie an sich.
Insgesamt bin ich nun sehr zufrieden mit dem Ergebnis.

Hast du denn schon Pläne für einen nächsten Film?

Ja, glücklicherweise habe ich ein Stipendium vom Mexikanischen Filminstitut IMCINE bekommen um mein nächstes Drehbuch zu schreiben. Der Film wird von der Beziehung zwischen einem Vater und seiner Tochter handeln.