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Dieter
Bongartz Drehbuch |
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Dieter
Bongartz, geboren 1951 in Dülken am Niederrhein, ist seit 1980 als
freiberuflicher Schriftsteller und Filmemacher in Köln tätig.
Neben Erzählungen, Romanen und Gedichten, die er in Buchverlagen
veröffentlichte, schreibt er auch Drehbücher, u.a. zu „Kahlschlag“
(1993) und „Absprung“ (1995). Außerdem machte er sich
als Dokumentarfilmer einen Namen.
Seine Filme „Braut Christi“ (ARD, 1984), „Die versteckte
Stadt“ (ZDF, 1988) und die Doku-Reihe „Ein Sommer und eine
Liebe“ (WDR, 1999) wurden jeweils für den Adolf Grimme-Preis
nominiert.
„Der zehnte Sommer“ ist Dieter Bongartz´ erstes Drehbuch
(gefördert vom Filmbüro NW), das als Kinospielfilm realisiert
wurde. |
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Interview |
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Herr
Bongartz, Sie sind der Autor des Kinderromans „Der zehnte Sommer
des Kalli Spielplatz“ und haben das Drehbuch zum Film geschrieben.
Nun – nach Ende der Produktion – haben sich Ihre Erwartungen
erfüllt? |
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Aus
meinem Buch wurde ein schöner, humorvoller und bewegender Film. Das
hat mich sehr froh gemacht, denn natürlich hatte ich Angst, dass
Unfälle beim Transport vom Wort ins Bild passieren. Aber die Produktion
und Jörg Grünler als Regisseur haben ein Team gefunden, das
mit viel Liebe und Sympathie für den Stoff ans Werk ging. Und auch
die Darsteller haben die Geschichte vom „Zehnten Sommer“ des
Kalli Spielplatz mit dem Herzen verstanden - die Kinder Martin Stührk
und Michelle Barthel ebenso wie die erwachsenen Schauspieler, also vor
allem Kallis Filmeltern, Katharina Böhm und Kai Wiesinger, und –
als skandal- und geheimnisumwitterte Nachbarin – Erika Marozsán. |
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Was
macht aus Ihrer Sicht die Seele des Films aus, der doch viele Themen zum
Inhalt hat: Es geht um Liebe, um Freundschaft, um die Geheimnisse von
Kindern und Erwachsenen... |
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Es
geht vor allem darum, dass Kalli das Geheimnis der Frauen auflösen
will – und daran scheitert. Darin unterscheidet er sich –
fürchte ich - nicht von den meisten erwachsenen Männern. Es
geht also um Liebe und Eros. Alle Stränge im Buch und im Film haben
darin ihren Ursprung. Und Kalli wächst an der Auseinandersetzung
mit diesem Geheimnis, er wird größer, überschreitet Grenzen
und macht wichtige Erfahrungen, die ihn freier und offener leben lassen.
Am Ende des Films ist er reifer geworden und – um mit der Nachbarin
Hilfers zu sprechen – „so heiter und frei und glücklich,
wie er es verdient hat“. |
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Ist
„Der zehnte Sommer“ also eine Entwicklungsgeschichte? |
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Eine
in Miniaturform, weil alles sich nur über ein paar Wochen erstreckt
und auf einen Punkt fokussiert bleibt. |
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Und
welche Bedeutung hat dabei die Trennung zwischen erwachsener und kindlicher
Welt? |
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Kalli
hält sich mit den anderen Kindern meist draußen auf, in einer
eigenen Welt voller Geheimnisse, von denen die Eltern nichts wissen sollen.
Wichtige Szenen spielen in Kellerräumen, an geheimen oder verbotenen
Plätzen. Die Welt ist voller Rätsel und Geheimnisse für
Kalli und er will alles aufklären. Daraus ergibt sich die Handlung,
davon wird er bewegt. Heute gibt es diese Trennung von draußen und
drinnen viel weniger. Die Kinder werden von einem Termin zum anderen gefahren
und sind über große Teile des Tages im Blickfeld der Erwachsenen.
Geheimnisse sind etwas Aufregendes. Ich wollte gern von einer Welt voller
Geheimnisse erzählen. |
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Welche
Rolle spielt dabei Frau Hilfers? |
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Almut
ist eine schöne, hocherotische Frau mit einem großen Herzen
und einer Lebensweise, die so gar nicht in ihr kleinbürgerlich-provinzielles
Umfeld passt. Für die erwachsenen Nachbarn ist Frau Hilfers eine
Provokation, ein schwer aushaltbarer Kontrast zum alles erdrückenden
Mief der frühen 60er Jahre. Für Kalli, der sich ja zum König
seiner kleinen Stadt hochfantasiert, der also nach Höherem strebt,
ist Frau Hilfers das größte Geheimnis in seiner Umgebung, jemand,
vor dem er Angst hat, der ihn aber auch unwiderstehlich anzieht, eine
verbotene Tür. Kalli lässt sich von seinen Blutsbrüdern
nun nicht an einen Mast binden, sondern durchschreitet die Hilfers’sche
Tür, besucht die Sirene und begegnet ganz anderen Lebensentwürfen
als denen Zuhause. Damit bricht er aus seinem Milieu aus. |
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Sie
selbst kommen aus Dülken, der Kleinstadt, in der der Roman spielt
und in der er verfilmt wurde. Warum haben Sie Ihr Buch in Ihrer Heimatstadt
angesiedelt? |
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Das
war ein eher ungeplanter Prozess, der sich beim Schreiben so ergab. In
dem Moment, in dem ich Kalli sah, bewegte er sich in den Straßenzügen,
die ich aus meiner eigenen Kindheit kenne, und in einer Atmosphäre,
die mir aus meiner Erfahrung vertraut ist. Das geht mir eigentlich bei
vielen Geschichten so, in denen ich kindlichen Helden begegne. Sie führen
mich in die Welt meiner eigenen Kindheit zurück. In „Der zehnte
Sommer“ war das aber auch dramatisch notwendig, weil die Geschichte
aus dem Konflikt zwischen der kleinbürgerlich-bornierten Lebensweise
und einer offeneren Einstellung lebt. Die Handlung musste in einem engen,
katholischen Milieu angesiedelt werden. Als die Produktion beschloss,
den Film tatsächlich in Dülken zu drehen, habe ich mich sehr
gefreut. Ich bin Lokalpatriot und Dülken ist eine viel zu unbekannte,
schöne Stadt mit eigenartigen närrischen Traditionen. Außerdem
gibt es jetzt wenigstens einen Ort auf der Welt, wo ich als Drehbuchautor
berühmt bin! |
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Der
Film wird von einem Off-Erzähler begleitet. Welche Aufgabe hat er? |
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Der
Erzähler gibt Kallis Königsfantasien wieder, ist eine Art Herold,
der für den Zuschauer Kallis Gedankenwelt öffnet – und
zwar immer dann, wenn Kalli die Wirklichkeit zu einem königlich von
ihm beherrschten Geschehen uminterpretiert. Das ist ein hoffentlich humorvoller
Widerspruch zwischen Fantasie und Realität. |
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Sind
Sie mit Ihrem kleinen Hauptdarsteller – mit Martin – zufrieden? |
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Absolut!
Martin verfügt über eine hohe sprachliche Intelligenz, er spricht
Kallis Sätze so, dass Ironie und Rhythmus spürbar werden und
dennoch die eines Kindes bleiben. Ich hatte offen gestanden damit gerechnet,
die Dialoge in eine kindlichere Form umschreiben zu müssen. Dank
Martin brauchte ich das nicht. |
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Am
Ende sind Sie selbst im Film zu sehen – ausgerechnet in der Rolle
des Zoowagenfahrers, der den Liebling der Kinder, den Affen Kappu, abholt...
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Das
musste leider so sein. Der Affe Kappu soll ja in den Zoo, weil er sonst
sterben würde. Ich hole ihn darum ganz persönlich ab, weil er
nicht in irgendeinem Zoo landen soll sondern in meinem – ich allein
habe ihn mir ausgedacht. Was soll da ein fremder Fahrer und ein dem armen
Affen unbekannter Zoo? |
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